Wer freut sich bei der Sommerhitze nicht über einen erfrischenden Regenschauer? Bernd Strotmann. Denn so ein kräftiger Guss in der Nacht kann die gesamte Planung für seinen nächsten Arbeitstag durcheinander bringen. Der Geschäftsführer der Freckenhorster Maschinengemeinschaft koordiniert in der Erntezeit die Einsätze von sechs riesigen Mähdreschern – und die sollen das Getreide möglichst trocken von den Feldern holen.
Das Wetter spielt eine große Rolle bei Strotmanns Arbeit. Deshalb läuft auf einem der drei Bildschirme, die auf seinem Schreibtisch stehen, auch immer das Regenradar. „Wenn eine Regenfront droht, dann werden alle nervös“, weiß er. Dann laufen bei ihm die Telefondrähte heiß, denn jeder Landwirt will noch schnell seine Gerste, seinen Raps oder seinen Hafer abernten lassen, bevor er nass wird.
Und weil viele Landwirte keine eigenen großen Erntemaschinen mehr haben, kommt die Maschinengemeinschaft ins Spiel. „So ein moderner Mähdrescher kann schnell mal eine halbe Millionen Euro kosten“, erklärt Strotmann. Eine solche Investition mache für viele Betriebe keinen Sinn. Zumal die Hochleistungsmaschinen, die weitgehend selbstständig fahren und sich auf den Feldern automatisch an die individuellen Gegebenheiten anpassen, den größten Teil des Jahres in den Fahrzeughallen stehen.
„Das Zeitfenster für die Ernte ist in den vergangenen Jahren immer kleiner geworden“, berichtet der Geschäftsführer der Maschinengemeinschaft. Das liege unter anderem an der größeren Leistungsfähigkeit der Maschinen, aber auch an veränderten Zeiten bei der Aussaat. Für Strotmann bedeutet das noch höhere Anforderungen bei der Organisation. „Natürlich wollen alle unsere Kunden die Maschinen zu den für sie besten Terminen, aber allen können wir es nicht recht machen. In der Regel gilt bei uns der Spruch ‚Wer zuerst kommt, mahlt zuerst’, und bisher haben wir eigentlich noch immer einen gesunden Mittelweg gefunden“, sagt er mit einem Lächeln.
Vom Aussäen über die Ernte bis zur Düngung und zum Pflügen
Doch es gibt immer Unwägbarkeiten, die selbst die beste Planung durcheinanderwirbeln. Am Montagnachmittag steht einer der sechs Mähdrescher auf dem Hof der Maschinengemeinschaft an der Eisenbahnstraße, statt auf einem Feld Raps zu ernten. Eine Reparatur ist fällig. Ob das Fahrzeug an diesem Tag noch einmal rausfahren kann? Das ist noch nicht abzusehen. „Da ist es gut, wenn man bei der Disposition ein bisschen Luft lässt“, bleibt Strotmann gelassen.
Immer häufiger gibt es während der Ernte auch Probleme mit Feldbränden („Die Glocke“ berichtete). In diesem Fall steht die Maschinengemeinschaft als Helfer für die Feuerwehr bereit. „Wir haben einen Lkw mit 30 000 Litern Wasser hier stehen, mit dem wir auf Anforderung schnell zur Brandstelle ausrücken“, erzählt der Freckenhorster.
Seit dem Jahr 2009 ist Bernd Strotmann Geschäftsführer der Maschinengemeinschaft. „Das Mädchen für alles“, wie er seine Position mit einem Augenzwinkern beschreibt. Das ist nicht nur in Erntezeiten so, sondern auch während des restlichen Jahrs. Denn wenn die Felder abgeerntet sind („Bis Fettmarkt sind wir in der Regel durch“, so Strotmann), schließt die Maschinengemeinschaft natürlich nicht einfach ihre Türen und wartet bis zum nächsten Jahr, sondern wendet sich anderen Aufgaben zu.
Dabei steht im November erstmal das Großreinemachen an. Der gesamte Maschinenpark, zu dem neben den Mähdreschern auch noch zahlreiche andere Fahrzeuge gehören, wird mit Hochdruckreinigern gewaschen, gewartet und bei Bedarf repariert. Im Dezember holen Strotmann und sein 14-köpfiges Team bei der Betriebsruhe einmal tief Luft, ehe es von Januar bis März mit der Gülleausbringung wieder weitergeht. Danach stehen Säen und Mais auslegen auf dem Programm, ehe ab Juni mit der Gerste wieder die Ernte beginnt.
„Außerdem bieten wir unseren Kunden unter anderem auch Pflanzenschutz und Düngung, Bodenbearbeitung und Böschungspflege an“, zählt Strotmann auf. Ein weiterer Service für die Landwirte sind die sogenannten Applikationskarten, die die Maschinengemeinschaft auf der Grundlage der Daten erstellt, die von den Mähdreschern während der Ernte erhoben werden. Sie liefern Informationen darüber, wo auf dem Feld wieviel geerntet wurde. Mit diesem Wissen können die Landwirte dann die Mengen für Aussaat und Düngung bestimmen.
Hintergrund
Vor genau 70 Jahren, im Jahr 1953, wurde die Maschinengemeinschaft Freckenhorst von 33 Landwirten gegründet. Erste Maschinen, die eingesetzt wurden, waren zwei Miststreuer und eine Kartoffelpflanzmaschine. Im Jahr 1955 kam der erste Claas-Mähdrescher dazu.
Nach und nach wurden bei dem Lohnunternehmen neben Erntearbeiten auch verschiedene Dienstleistungen im Bereich Bodenbearbeitung, Pflanzenschutz und Gülleausbringung angeboten.
Vor zehn Jahren vollzog die Maschinengemeinschaft Freckenhorst dann einen großen Schritt. Nachdem die Maschinen und Geräte bis dahin an fünf verschiedenen Standorten untergebracht waren, wurde erstmals Grund und Boden erworben und eine eigene Halle gebaut, für die mehr als eine Millionen Euro investiert wurde. Auf einer Grundstücksfläche von 13 400 Quadratmetern entstand an der Eisenbahnstraße eine 106 Meter lange und 30 Meter breite Halle mit einer Firsthöhe von zehn Metern, die zudem noch über sechs Meter Vordach verfügt. Die gesamte überdachte Fläche beträgt 3800 Quadratmeter. Dort sind sechs Mähdrescher, acht Traktoren, zwei Lkw sowie zahlreiche weitere Anbaugeräte und Anhänger untergebracht.
Die Maschinengemeinschaft, in der derzeit 32 Landwirte Mitglieder sind, beschäftigt 14 festangestellte Mitarbeiter, in der Saison kommen bis zu 30 Aushilfsfahrer dazu.
Quelle: Die Glocke