Freckenhorst – Zwölf Uhr mittags in Flintrup: Rund um den Hof von Thomas Pösentrup herrscht am Mittwoch nach dem großen Schützenfest hektische Betriebsamkeit. Das Schneidwerk eines gewaltigen Mähdreschers frisst sich Meter um Meter durch das 70 Morgen große Weizenfeld.

In regelmäßigen Abständen wird Korn aus dem Getreidetank – parallel zum Drusch – über ein Abtankrohr auf einen Anhänger geladen, während ein Feldhäcksler auf den bereits abgeernteten Flächen das Stroh häckselt. „Das ist Futterstroh“, sagt Wilhelm Schulze-Stentrup, Vorsitzender des Beirates der Maschinengemeinschaft Freckenhorst, und schaut, wie Thomas Pösentrup und Bernd Strotmann, Geschäftsführer der Maschinengemeinschaft, sorgenvoll gen Himmel: „Das sieht nach Regen aus. “

Nieselregen wäre jetzt, während der Ernte, ebenso fatal wie Tau. Das Stroh würde feucht, die Körner würden sich nicht mehr aus dem Stroh lösen. „Die Folge“, so Schulze-Stentrup, „wäre aufwendiges und teures Trocknen, um Getreide und Stroh dauerhaft lagern zu können.“ Entsprechende Trocknungsanlagen gebe es bei der Raiffeisen-Genossenschaft, manche Landwirte trockneten Getreide und Stroh auch auf ihren Höfen. Außerdem gebe es die Möglichkeit, Getreide mit einer Restfeuchte von mehr als 15 Prozent noch auf dem Feld, direkt nach dem Drusch, mit Propionsäure einzunebeln und auf diese Weise zu konservieren.

Eine gute Woche früher als üblich hat die Weizenernte in diesem Jahr begonnen. Wie sein Nachbar Thomas Pösentrup geht Wilhelm Schulze-Stentrup davon aus, dass es eine gute Ernte geben wird: „Der Weizen, der im Herbst beizeiten gesät worden ist bringt sehr gute Erträge, der später gesäte Weizen allerdings hat stark unter dem harten und früh einsetzenden Winter gelitten.“

Während Wilhelm Schulze-Stentrup am lauschigen Dienstagabend Zeit hatte, sein Schützenfest-Ausklangsbier zu begießen – der Landwirt gehört zur Throngesellschaft der neuen Majestäten – hat Bernd Strotmann Stress. Vier bis fünf Stunden Schlaf bekommt der Geschäftsführer der Maschinengemeinschaft zurzeit pro Nacht. Mehr als eine kurze Stippvisite beim Schützenfest war für ihn nicht drin. Aus seinem Wagen – „ mein fahrbares Büro“ – holt er eine Auftragsliste für die erste Augustwoche: Die Namen von Landwirten aus Everswinkel, Hoetmar, Westkirchen und Freckenhorst sind dort vermerkt. Auf ihren Feldern sind Triticale, Weizen oder Sommergerste gereift und sollen nun schnellstmöglich geerntet werden. Und immer noch kommen kurzfristig neue Aufträge für die als Lohnunternehmen fungierende Maschinengemeinschaft hinzu.

Neun Mähdrescher seien zurzeit im Einsatz, erzählt Strotmann. Zwei davon stünden grundsätzlich In Sassenberg, „damit wir nicht durch Freckenhorst und Warendorf fahren müssen und immer nah beim Kunden sind.“ Außerdem seien Pressen im Einsatz: „,Die Landwirte wollen die Ernte schließlich möglichst schnell einfahren .“ Hat eine der Maschinen eine Panne fährt der Geschäftsführer persönlich ins Claas-Zentrallager in Hamm, um die Ersatzteile herbeizuschaffen. Der in Sachen Wetter eher durchwachsene Sommer hat durchaus auch Sonnenseiten. Zumindest aus der Sicht Bernd Strotmanns: „Es gibt keine Drescher-Brände.“

Elf Mähdrescher, acht Schlepper, vier Güllefässer, drei Feldhäcksler, zwei Mühlen, zwei Pressen zwei Pflanzenschutz-Spritzen, Mist- und Dungstreuer, Pflüge umfasst der Fuhrpark der 1953 gegründeten Maschinengemeinschaft Freckenhorst. Die Maschinen hätten einen Neuwert von fünf Millionen Euro, schätzt Wilhelm Schulze-Stentrup. Die neun fest angestellten Fahrer der Maschinengemeinschaft – allesamt ausgebildete Landmaschinentechniker und Landwirte – sowie die bis zu 15 Aushilfen sind nach der Triticale-, Weizen-, Sommergerste und Raps-Ernte nicht etwa arbeitslos. „Ab 15. August beginnt die Raps-Aussaat, ab 10. September die Silomaisernte“, kündigt Schulze-Stentrup an. Bis es so weit sei, benötige der Mais allerdings noch etwas Regen. Aussaat, Düngung, Pflanzenschutz, Landschaftspflege halten die Mitarbeiter der Maschinengemeinschaft das ganze Jahr auf Trab. Und im Winter sind zudem die Maschinen zu warten.

Während Bernd Strotmann schon wieder das Handy am Ohr hat, scheint Michael Sackarendt die Ruhe selbst zu sein. Strahlend thront er in der voll klimatisierten Kabine des Claas Lexion 560, hört Radio, dirigiert die Hightech-Maschine per Joystick durch das Weizenfeld und scheint jede Menge Spaß zu haben. „Mähdrescher fahren ist mein Hobby“, verkündet Sackarendt. Tatsächlich gönnt sich der selbständige Unternehmer, der am heutigen Samstag seinen 31. Geburtstag feiert, eine einwöchige Auszeit. Ehefrau und Belegschaft kennen das schon. „Ich arbeite 60, 70 Stunden pro Woche“, sagt der junge Unternehmer, Inhaber einer Palettenbau-Firma. Da dürfe er sich wohl mal eine Woche im Jahr ausklinken und seinem Hobby frönen.

Schon als Kind habe er gerne auf dem Hof seiner Großmutter geholfen. Damals sei die Technik allerdings noch nicht so fortgeschritten gewesen, meint er und verweist auf die besonderen Raffinessen des Claas Lexion 560, dessen Schneidwerk eine Arbeitsbreite von 7,50 Meter hat und dessen Bordcomputer Aufschluss über Ertragsmenge, Feuchte des Getreides und die Verluste gibt.

Der außen montierte Laser-Pilot, dessen Sensoren mit Lichtimpulsen die Kante zwischen gemähtem und nicht gemähtem Feld abtasten, erlaube es sogar, den Mähdrescher automatisch fahren zu lassen. Eine Gelegenheit für Sackarendt, einmal die Hände in den Schoß zu legen und den Blick über das Weizenfeld zu genießen.

 

Quelle: Westfälische Nachrichten

Mähzeit . . .
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